Der Mönch Tao Sheng (360-434) ist wegen seiner Lehre von der „Plötzlichen Erleuchtung“ ein wichtiger Wegbereiter des Chan, doch die eigentliche Begründung der chinesischen Zen-Tradition wird Bodhidharma (470 – …) zugeschrieben.
Es soll, als er nach China kam, zu einer historischen Begegnung mit dem Kaiser Wu gekommen sein:
Der Kaiser fragte: „Welchen Verdienst habe ich dadurch erworben, dass ich seit meiner Thronbesteigung zahllose Tempel errichten, Sutren abschreiben und Mönche weihen ließ?“
Der Meister sprach: „Gar keinen Verdienst.“
Der Kaiser sprach: „Was ist denn wahrer Verdienst?“
Der Meister sprach: „Es ist reines Wissen, wunderbar und vollkommen. Sein Wesen ist Leere. Solchen Verdienst kann man nicht mit weltlichen Mitteln erlangen„
Darauf fragte der Kaiser: „Welches ist das Prinzip der heiligen Wahrheit?“
Der Meister sprach: „Offene Weite, nichts von heilig.“
Der Kaiser sprach: „Wer ist es, der vor mir steht?
Der Meister sprach: „Ich weiß es nicht“.
Danach zog sich Bodhidharma in das Shaolin-Kloster in den Bergen zurück, und es wird behauptet, dass er neun Jahre lang in einer Höhle oberhalb des Klosters meditierte. Den Ausdruck des ursprünglichen Zen-Geistes spiegelt eine berühmte vierzeilige Strophe wieder, die Bodhidharma zugeschrieben wird:
Eine besondere Überlieferung außerhalb der Schriften, unabhängig von Worten und Schriftzeichen: Unmittelbar auf des Menschen Herz zeigen – dessen Natur schauen und Buddha werden.
Bodhidharma lehrte seinem Schüler Hui Ke die Chan-Meditation nur nach dessen langem Ausharren, wie die Legende berichtet: Manche Schriften behaupten, dass er die ganze Zeit über vor einer Wand saß, andere Quellen sprechen von der „Wandkontemplation“ (Piguan):
„Wenn dein Geist wie eine geradestehende leere Wand ist, magst du in den Weg eintreten.“
Hui Ke (jap. Eka) gelangte unter Einsatz seines Lebens und mit Hilfe von Bodhidharma zur unmittelbaren Einsicht in den Geist des Zen und wurde so sein direkter Erbe durch die unmittelbare Weitergabe von Herz zu Herz und zweiter Patriarch des Chan. Von dieser Zeit an breitete sich die sehr praxisorientierte Chan-Bewegung weit über das ganze Land aus und gewann eine große Schar von Anhängern.
Hui Ke selbst lebte von 484 bis 590. In seiner Jugend hatte er daoistische, konfuzianistische und buddhistische Weisheitslehren studiert. Er führte ein langes Wanderleben und musste sich zeitweise wegen der Verfolgung der Buddhismus durch das damalige Regime (574) in den Bergen verstecken. Ein Passus in seiner Biographie schließt mit dem folgenden:
„Der wahre verborgene Grund ist schließlich die Nicht-Verschiedenheit.“
Seng Zan (gest. 606) war der Dritte in der Nachfolgelinie des chinesischen Zen. Er erlangte das Dharma-Siegel von Hui Ke, unter dem er sich über Jahre übte. Ihm wird die „Meißelinschrift des gläubigen Geistes zugeschrieben“.
Im Dharma-Reich der wahren Soheit ist kein anderer und kein ich.
Plötzlich mit kurzem Wort sag nur: nicht zwei.
Nicht zwei alles gleich.
Die Wahrheit kennt kein schneller und kein weiter. Ein Augenblick – zehntausend Jahre. Das Kleinste ist gleich dem Großen, keine Grenzen außen.
Das Größte ist gleich dem Kleinen, keine Grenzen erschaubar.
Auf Seng Zan folgte der vierte Patriarch des Chan Tao Xin (580 – 651). Zu dessen Zeit setzte eine Wandlung im Lebensstil der Chan-Jünger ein. An die Stelle des Umherwanderns trat ein Gemeinschaftsleben mit bis zu 500 Mönchen. Auch begann nun die Zeit, von der an die Mönche von ihrer eigenen Hände Arbeit lebten, was im Theravada Südasiens früher und bis heute noch nicht praktiziert wird. Die Bewahrung der inneren Haltung nicht nur beim Hocken in der Meditationshalle, sondern auch beim täglichen Arbeiten begründen den Zen-Geist, Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen sind in gleicher Weise Chan. Der Kern des Meditationsstils von Tao Xin wird ausgedrückt mit den Worten:
„Buddha ist Geist. Außer dem Geist gibt es keinen Buddha.“
Die Chroniken bezeichnen Hong Ren (607 – 674) als Tao Xins Nachfolger im Patriarchat. Er übte sich mit vielen Jüngern in den Meditationspraktiken seines Vorgängers. Es ging ihm darum, den Geist in der ursprünglichen Reinheit zu bewahren und den Moment des plötzlichen Erwachens zu erreichen.
Der fünfte Patriarch soll seine Jünger gelehrt haben:
„Schau weit, wo der Horizont jenseits des Himmels erlischt, das Schriftzeichen „Eins“. Dies wird bestimmt nützen. Es ist gut, wenn Anfänger in der Meditation, deren Geist viel zerstreut ist, in ihrem Geist auf das Schriftzeichen „Eins“ blicken. (Die Eins ist eine horizontale Linie ist und symbolisiert auch das Eine).