Jakushitsu Genko  

Gründer des Eigen-Ji Rinzai Zen-Ordens 

Das Tempelkloster Eigenji, kurz nach Beginn der Muromachi Zeit gegründet (1361), besteht nach einer wechselreichen  Geschichte bis heute fort und kann als exemplarisch für die  Rinka-Klöster der Rinzai-Schule angesehen werden. In einiger  Entfernung von der Hauptstadt Kyoto gelegen, atmet das  Kloster die Atmosphäre der Klöster „unter dem Wald“ (rinka),  deren Einfachheit das Zen auf dem Lande charakterisiert.  Täglich schauen die Mönche Berge und Wasser, Vögel und  Wald, die Natur bietet ihnen Heimat.  

Im Eigenji lebt das Andenken an den Gründermönch  Jakushitsu Genko (1290-1367) fort, nicht bloß in der für ihn  erbauten Gedenkstätte, auch der Geist des feinfühligen, mit  reicher dichterischer Begabung beschenkten Mannes, der Ernst  und Verantwortungssinn mit inniger Naturliebe verband und das  Zen konsequent lebte, wurde durch die Jahrhunderte  unversehrt bewahrt. Einige seiner zahlreichen Gedichte sind  heute noch lebendiges Volksgut.  

Jakushitsu verkörpert den Geist des Rinka-Zen. „Der Mann des  Rinka-Zen“, schreibt ein zeitgenössischer japanischer Zen Dichter, „wandert mit seiner Flöte über die Berge, wohnt in  stillen, kleinen Tempeln, in Zen-Klausen, Einsiedeleien und  Strohhütten“. Dieser Lebensstil entsprach dem Temperament  und den Herzenswünschen des Jakushitsu. Er ist ihm treu  geblieben bis wenige Jahre vor seinem Tode, als er in dem für  ihn erbauten Tempelkloster Eigenji im Lande Omi (Bezirk Shiga)  Wohnung nahm, ohne für sich Besitzrechte zu beanspruchen.  Er hat keine Traktate und nur wenige Mahnworte hinterlassen.  Das Zen bedeutete ihm die existentielle Erfahrung der Größe  dieses Menschenlebens in seiner Vergänglichkeit. Geburt und  Tod klären, ist nach seiner Überzeugung die eine große  Angelegenheit, die dem Zen-Mann obliegt. Darüber redete er  wenig, aber in der Waldeinsamkeit sah sein Auge die Symbole  des Vergänglichen, das nur ein Gleichnis ist. 

Das Leben des Jakushitsu Genko, eines der bedeutendsten  Vertreter des Zen-Buddhismus seiner Zeit, verdeutlicht in  besonderer Weise das Charakteristische des Rinka-Mönches.  Zugleich treten, da Jakushitsu keineswegs aus einem zu  solcher Lebensweise hinneigenden Milieu stammt, die  Entwicklungsphasen seiner Persönlichkeit während seines  Lebensweges hervor. Im Lande Mimasaku (Bezirk Okayama)  geboren, ist er väterlicherseits wahrscheinlich mit der weit  verzweigten Fujiwara-Familie verwandt. Der geweckte Knabe  war ein sensibles Kind von eher weichem Charakter, folgsam  und intelligent. Die Eltern gaben ihn zwölfjährig ins  Tempelkloster Tofukuji in Kyoto, nicht dem persönlichen  Wunsch oder religiösen Verlangen des Knaben folgend,  sondern um diesem eine gute schulische Ausbildung zu  sichern. Diese schien, bezeichnend für die Zeitlage, im  buddhistischen Kloster am besten gewährleistet.  

Jakushitsu kam also zunächst als Student ins Kloster, aber  schon nach zwei Jahren erfuhr er eine innere Wende, als ihn  bei einem Landaufenthalt die tiefe Sammlung eines Zen Mönches, der aus dem Ostland heimkehrend auf der  Durchreise im Tempel weilte, aufs tiefste beeindruckte. Er trat in  den Mönchsstand ein, weil er begriff, dass Schriftkenntnis und  Gelehrsamkeit nicht genügen. Damals erzählte ihm ein  Mitmönch, den der Studienbetrieb im Tofukuji ebenfalls nicht  befriedigte, vom Zen-Meister Jakuo Tokken (1245 – 1320),  einem hervorragenden Schüler des Lan-Hsi Tao-lung, der dem  Zenkoji, einem von Lan-hsi gegründeten kleineren Kloster in  Kamakura vorstand. Sollten sie nicht diesen Meister aufsuchen,  um echtes Zen bei ihm zu erlernen? Unverzüglich machten sich  beide auf den Weg und erlangten die Aufnahme in die  Jüngerschaft des Jakuo Tokken (1305). Als dieser im folgenden  Jahr als Abt des Kenninji nach Kyoto berufen wurde, folgte ihm  Jakushitsu, leistete ihm bei Erkrankungen persönliche Dienste  und ließ sich von ihm in der Zen-Übung unterweisen. Eines  Tages bat er den Meister um ein „letztes Wort“ (matsugo). Der  Ausdruck ist zweideutig und kann sowohl das Abschiedswort  eines sterbenden Meisters als auch ein Kennwort zur 

Erlangung der Erleuchtung bedeuten. Der Meister antwortete  kein Wort, sondern schlug seinem Jünger mit der flachen Hand  ins Gesicht. Der Schlag löste in diesem die Erleuchtung aus  (1306).  

Auf den Rat seines Meisters studierte Jakushitsu unter der  Führung des Vinaya-Meisters E’un einige Monate die  buddhistische Mönchsregel (1309), dann kehrte er zu Yakuo  zurück. Viele Jahre des folgenden Jahrzehntes seines Lebens  verbrachte er bei chinesischen Meistern in Japan, denen er  freundliche Hilfe leistete. Zuerst diente er im Kenchoji bei Tung ming Hui-jih (1272-1340), einem Vertreter der chinesischen  Ts’ao-tung-Schule, der sich in Japan dem Rinzai-Zen  angeschlossen, dann bei Tung-li Hung-hui, der ebenfalls vom  Ts’ao-tung-Zen zur japanischen Rinzai-Schule übergewechselt  hatte.

Am bedeutsamsten ist sein zweijähriger Aufenthalt bei I shan I-ning, dem Abt des Nanzenji. Der erstklassige Literat war  schon von dem Gedicht des erst 17jährigen Jakushitsu  „Bodhidharma im Schnee“ begeistert gewesen und hatte mit  seinem Lob nicht gespart. Nun förderte er in jeder Weise das  Talent seines Schülers. Jakushitsu wurde einer der  bedeutendsten Zen-Dichter der Epoche. Seine Gedichte  zeugen von reichen und tiefem Gefühl und von ungewöhnlicher  schöpferischer Kraft. Nach dem Urteil des Herausgebers und  Übersetzers Iriya Yoshitaka übertreffen seine „außerordentlich  hervorragenden Werke“ die in der Form makellosen, jedoch der  Tiefe ermangelnden poetischen Erzeugnisse des  zeitgenössischen hochberühmten Gozan-Dichters Chugan  Engetsu (1300-1375). Die Gedichte des Jakushitsu Genko  bilden den größeren Teil seiner Spruchsammlung.  

Eine Wende im Leben des Jakushitsu brachte die Chinareise,  zu der er im Todesjahr seines Meisters Yakuo mit einer Gruppe  von Zen-Mönchen aufbrach. Sein erstes und wichtigstes Ziel  war der Besuch des Japanerfreundes Chung-feng Min-pen, zu  dem er nicht als irgend ein Gast, sondern in der Haltung des  um Führung bittenden Jüngers kam. Er wurde in seiner  Erwartung nicht enttäuscht. Der große chinesische Meister  prägte ihn für sein Leben. Was Jakushitsu in späteren Jahren seinen Jüngern übermittelte, ist das Echo der Lehre des Ming pen, reines Zen.  

Wenn bei den chinesischen Zen-Meistern gegen Ende der  Sung-Zeit und am Anfang der Yüan-Periode die Amida Verehrung einen Platz einnimmt, so bedeutet dies keine  Beeinträchtigung der Grundhaltung des Koan-Zen. Einmal ist  zu bedenken, dass der Buddha Amitabha (jap. Amida) wie alle  Buddhas von frommen Buddhisten verehrt wird. Jakushitsu’s  Spruchsammlung enthält einen Abschnitt mit Lobpreisungen  der Buddhas. In zwei Gedichten, die Amida betreffen, wird  deutlich gesagt, dass das Reine Land nicht in einem westlichen  Paradies, sondern im eigenen Geist zu suchen ist.

So muß  auch der folgende Passus aus den Dharma-Worten des  Jakushitsu verstanden werden:  

Das Nembutsu strebt dem Kreislauf von Geburt und Tod zu  entrinnen, die Zen-Übung zielt die Klärung der ursprünglichen  Natur an. Dass jemand, der die ursprüngliche Natur in der  Erleuchtung erfaßt hat, dem Kreislauf von Geburt und Tod nicht  entronnen ist, wurde niemals vernommen. Auch hat, wer dem  Kreislauf von Geburt und Tod entronnen ist, die eigene  ursprüngliche Natur nicht verloren. Also sind Nembutsu und  Zen-Übung zwar dem Namen nach verschieden, jedoch in  ihrem Wesen gleich.  

Nembutsu und Zen-Übung haben einen gemeinsamen Grund in  den Mahayana-Sutren. Dies gestattet, richtig verstanden, das  Zusammengehen der zwei buddhistischen Wege. Das Zen des  Jakushitsu wurzelt wie das des Ming-pen in der Tradition des  Sechsten Patriarchen Hui-neng. Der Ausdruck „Verbindung von  Zen und Reinem Land“, der mit Bezug auf die beiden Meister  öfters gebraucht wird, bezeichnet nicht, „wie aus dem Wort  geschlossen werden könnte, Gemeinsamkeit oder synthetische  Vereinigung“.  

Jakushitsu weilte sechs Jahre in China (1320-1326). Während  des ersten Jahres lernte er als ein Schüler bei Ming-pen auf  dem T’ien-mu-Berg. Er blieb noch weitere fünf Jahre im Reich der Mitte, um berühmte Tempel zu besuchen, mit erfahrenen  Meistern Gespräche zu führen und um sich mit dem  chinesischen Brauchtum bekannt zu machen. Wir wissen die  Namen vieler buddhistischer Stätten, die er besuchte. Das  Wanderleben machte ihm Freude und schenkte ihm innere  Bereicherung. In seinen Gedichten schildert er nicht selten die  Eigenart und Schönheit der chinesischen Landschaft.  

In Japan setzte er nach seiner Rückkehr diese Lebensweise  fort. Er wanderte 25 Jahre lang durch Südwestjapan,  vornehmlich in den Ländern Bizen und Bitchu (Bezirk  Okayama) und in Bingo (Bezirk Hiroshima). Gelegentlich suchte  er auch sein Geburtsland Mimasaku (Bezirk Okayama) auf.  Biographische Angaben nennen wieder viele Tempelnamen,  ohne auf Einzelheiten einzugehen. Der Dichtermönch liebte das  einfache Leben der Landklöster, tauchte tief in die Einsamkeit  der Natur ein und fand sein geistiges Genügen in stiller Rast  am Berghang oder bei einer Bachquelle. Eine Ausstrahlung  ging von ihm aus, die gleichgesinnte Zen-Freunde zu ihm  hinzog.  

Einen Einschnitt in sein Wanderleben brachte sein Abschied  von den Ländern Bizen, Bitchu und Bingo, als er sich nach   25 Jahren unsteten Umherstreifens nach Nordosten wandte  (1350). Ungefähr drei Jahre lang (um 1352) hielt er sich im  Tozenji im Lande Mino (Bezirk Gifu) auf. Eine Reise brachte ihn  nach Shizuoka und ins Land Kai (Bezirk Yamanashi). Als er die  Richtung nach Westen einschlug, kam er ins Land Omi (Bezirk  Shiga), wo der Schutzherr (shugo) Sasaki Ujiyori (1326 – 1370)  eine herzliche Zuneigung zu ihm faßte. Er ließ für den alten  Meister das Tempelkoster Eigenji erbauen (1361).

Jakushitsu  bedauerte zwar, nun sein freizügiges Wanderleben aufgeben zu  müssen, fügte sich indes den Wünschen seiner Freunde. Als  Abt des Klosters entfaltete er eine bedeutende Tätigkeit. In  einem Jahr sollen bis an die zweitausend Besucher zum  Tempel gekommen sein. Wie wenig Jakushitsu an der  Abtswürde hing, zeigte er, als er schon nach fünf Jahren zu  Gunsten seines Hauptjünger Miten Eishaku von seinem Amt  abdankte (1366). Zuvor hatte er die Berufung der zwei berühmten Gozan-Tempel Tenryuji (Kyoto) und Kenchoji  (Kamakura) abgelehnt.

Zwei kleinere, ebenfalls unter  Regierungsschutz stehende Tempel Choshoji (Kamakura) und  Manjuji (im Land Bungo) hatten sich bereits in früheren Jahren  vergeblich bemüht, ihn zum Vorsteher zu erhalten. Die  Ablehnung solcher Ersuchen erfolgte aus tiefer Überzeugung.  Obgleich der Name des Jakushitsu Genko weniger bekannt ist  als der berühmter zeitgenössischer Meister in den japanischen  Hauptstädten, rechnet er doch zu den bedeutenden Zen Männern der Epoche. Sein Leben als armer, einsamer  Wandermönch, das er Jahrzehntelang durchhielt, macht ihn zu  einer buddhistischen Idealfigur, wie sie in der Frühzeit nicht  selten vorkamen.

Sein Testament bezeugt seine völlige Losschälung, wenn er seinen Wunsch mitteilt, die dem Kloster  geschenkten Ländereien von Kumahara möchten nach seinem  Tode dem Geber zurückerstattet, die Tempelgebäude aber der  Ortschaft Takano, zu der sie gehörten, übermacht werden,  wenn man sie nicht lieber als eine Übungsstätte für Zen Mönche benutzen wolle. Sein konsequenter Lebensstil,  insbesondere seine Abneigung gegenüber dem Glanz und  Pomp prachtvoller Tempelbauten, seine Zurückweisung  ehrenvoller Positionen und seine Entäußerung von materiellen  Gütern, erweist seinen echten Zen-Geist.

Auf den Spuren des Zen (I)

Das japanische Wort „Zen“ (chinesisch „Chan“, die Übersetzung aus dem Sanskrit „Dhyana“) bedeutet Meditation und ist der Name der in China entstandenen Meditationsschule des Mahayana-Buddhismus. Doku Ho Meindl zeichnet den  Zen Weg von seinen Anfängen bis zum Eintritt in die westliche Welt nach. 

Zen-Buddhismus

Erstens und vor allem ist die Zen-Schule ein hervorragender Zweig innerhalb des Buddhismus. Der Zen-Buddhismus führt seine Entstehung in gerader Linie auf Sakyamuni Buddha, den Begründer des Buddhismus zurück. Auch wirken yogische Wurzeln in die Meditationsschule des Zen-Buddhismus hinein. Siddhartha Gautama, wie der Buddha vor seiner Erleuchtung hieß, wurde als Sohn eines nordindischen Königs ca. 500 v.u.Z. geboren. In seiner Jugend wuchs er im Luxus des väterlichen Palastes auf. Als er mit dem Leid dieser Welt direkt konfrontiert wurde, war er innerlich so von Schmerz erfüllt, dass er den Palast verließ und in verschiedenen Meditationswegen und asketischen Praktiken einen Weg aus dm Leiden suchte.

Viele von uns, die wir in der so genannten Wohlstandsgesellschaft aufgewachsen sind und erkennen können, dass das reine Streben nach Reichtum nicht wirklich ein Weg aus dem Leid sein kann, vermögen vielleicht tief in unserem Herzen diesen Entschluss von Siddhartha Gautama zu verstehen. 

Den Überlieferungen zufolge fasste Sakyamuni Buddha den Weg aus dem Leiden in den Vier Edlen Wahrheiten zusammen: 

  1. Dukkha, das Leben ist Leiden: Geburt ist Leid, Altern ist Leid, Krankheit ist Leid, getrennt sein von dem, was man liebt, ist Leid und zusammen sein mit etwas, das man nicht mag, ist Leiden.   
  2. Samdaya, die Ursache des Leidens erwächst aus „Trishna“, dem unstillbaren Verlangen, dem Getriebensein, das immer wieder in uns aufkommt.
  3. Nirodha, das Ende des Leidens ist das Erlöschen des Durstes, die Befreiung von Leid, Nirvana, Sein in der Wirklichkeit des Moments.
  4. Magga, der Weg aus dem Leiden. Dieser ist bekannt als der „Mittlere Weg“, welcher beide Extreme, einerseits das Suchen der Zufriedenheit in sinnlichen Wünschen, andererseits den Weg der Selbstkasteiung vermeidet.

Der Buddhismus in China

Dieser Weg aus dem Leid wird im Achtfachen Pfad genauer beschrieben. Dieser Pfad der Selbstverwirklichung gibt Anweisungen für den „richtigen Weg des Lebens“, für „Mahdyamika“, einen Weg jenseits gegensätzlicher Extreme. Nach dem Tod Sakyamuni Buddhas gewannen seine Lehre und seine Praktiken rasch Anhänger. Es entstanden unter den vielfältigen Interpretationen des Dharma, der Lehre, verschiedene Richtungen, aus denen sich letztlich zwei bedeutende Schulen herausbildeten, die des Theravada und die des Mahayana.

Der Theravada verbreitete sich mehr in Südostasien. Der Mahayana weitete sich über große Teile Zentralasiens nach Nepal, Tibet, China, Korea, Vietnam bis Japan aus. So kam der Buddhismus in Berührung mit verschiedenen Völkern und Kulturen, die Buddhas ursprüngliche Lehre mit ihren eigenen Traditionen verwoben. Etwa zur gleichen Zeit, als Sakyamuni Buddha durch sein Erwachen und seine Lehrtätigkeit die Grundlage des Buddhismus legte, lebte in China Kongzi, der eine wichtige Tradition des chinesischen Denken und Handelns, den Konfuzianismus, begründete.

Die Schriften die Laozi und Zhuangzi zugeschrieben wurden, entstanden in derselben Epoche und aus ihnen formte sich der Daoismus. Als nun der Buddhismus im 1. Jh.u.Zt. nach China gelangte, traf er auf einen Boden des Denkens und Handelns, der von den beiden oben erwähnten weltanschaulichen Richtungen schon durchtränkt war. Der Konfuzianismus hatte sein Augenmerk mehr auf Fragen des gesellschaftlichen Lebens und der zwischenmenschlichen Beziehungen gelegt. Der Daoismus befasste sich hingegen mehr mit den metaphysischen Aspekten des Lebens, wie der Transzendenz vom Ich und dem Erlangen „höherer“ Ebenen des Bewusstseins.

Diese beiden Richtungen wurden im chinesischen Empfinden stets als komplementär verstanden, als zwei Aspekte der menschlichen Natur. Der chinesische Weise vereinte in sich diese zwei Seiten, zurückgezogene Betrachtung und sozial verantwortliches Tun. Obwohl er einen Zustand mystischer Einheit mit dem Universum erreicht hatte, lebte er doch nicht abgehoben von der Welt, sondern befasste sich gleichermaßen mit den ganz gewöhnlichen Belangen des täglichen Lebens.

nkulturellen und sozialen Hintergrund stieß nun der Buddhismus, der am Anfang unserer Zeitrechnung erstmals nach China gelangte. Im 2. bis 3. Jh. wurden immer mehr Übersetzungen von Texten aus dem Sanskrit unter der Verwendung von daoistischen Begriffen erstellt. Meditation spielte eine immer wichtigere Rolle im chinesischen Buddhismus. Im Jahr 148 begann der Meditationstrend im chinesischen Buddhismus, welcher sich alsbald mit daostischen Techniken vermischte. Es überwogen von dem Mönch an Shi Gao übersetzt Texte, über Dhyana (Meditation) und Samadhi (Versenkung).

Das „Sutra über Versenkung durch Atemregelung“ erklärt die uralte yogische, früh im Buddhismus beheimatete Übung der Atemkontrolle durch Zählung des Ein- und Ausatmens. Sie ist auch heute noch die einführende Grundübung der Zen-Meditiation.

Weiterlesen: Ursprung in China

Ursprung des Chan (Auf den Spuren des Zen II)

Der Mönch Tao Sheng (360-434) ist wegen seiner Lehre von der „Plötzlichen Erleuchtung“ ein wichtiger Wegbereiter des Chan, doch die eigentliche Begründung der chinesischen Zen-Tradition wird Bodhidharma (470 – …) zugeschrieben.

Es soll, als er nach China kam, zu einer historischen Begegnung mit dem Kaiser Wu gekommen sein:

Der Kaiser fragte: „Welchen Verdienst habe ich dadurch erworben, dass ich seit meiner Thronbesteigung zahllose Tempel errichten, Sutren abschreiben und Mönche weihen ließ?“

Der Meister sprach: „Gar keinen Verdienst.“

Der Kaiser sprach: „Was ist denn wahrer Verdienst?“

Der Meister sprach: „Es ist reines Wissen, wunderbar und vollkommen. Sein Wesen ist Leere. Solchen Verdienst kann man nicht mit weltlichen Mitteln erlangen„

Darauf fragte der Kaiser: „Welches ist das Prinzip der heiligen Wahrheit?“

Der Meister sprach: „Offene Weite, nichts von heilig.“

Der Kaiser sprach: „Wer ist es, der vor mir steht?

Der Meister sprach: „Ich weiß es nicht“.

Danach zog sich Bodhidharma in das Shaolin-Kloster in den Bergen zurück, und es wird behauptet, dass er neun Jahre lang in einer Höhle oberhalb des Klosters meditierte. Den Ausdruck des ursprünglichen Zen-Geistes spiegelt eine berühmte vierzeilige Strophe wieder, die Bodhidharma zugeschrieben wird:

Eine besondere Überlieferung außerhalb der Schriften, unabhängig von Worten und Schriftzeichen: Unmittelbar auf des Menschen Herz zeigen – dessen Natur schauen und Buddha werden.

Bodhidharma lehrte seinem Schüler Hui Ke die Chan-Meditation nur nach dessen langem Ausharren, wie die Legende berichtet: Manche Schriften behaupten, dass er die ganze Zeit über vor einer Wand saß, andere Quellen sprechen von der „Wandkontemplation“ (Piguan):

„Wenn dein Geist wie eine geradestehende leere Wand ist, magst du in den Weg eintreten.“

Hui Ke (jap. Eka) gelangte unter Einsatz seines Lebens und mit Hilfe von Bodhidharma zur unmittelbaren Einsicht in den Geist des Zen und wurde so sein direkter Erbe durch die unmittelbare Weitergabe von Herz zu Herz und zweiter Patriarch des Chan. Von dieser Zeit an breitete sich die sehr praxisorientierte Chan-Bewegung weit über das ganze Land aus und gewann eine große Schar von Anhängern.

Hui Ke selbst lebte von 484 bis 590. In seiner Jugend hatte er daoistische, konfuzianistische und buddhistische Weisheitslehren studiert. Er führte ein langes Wanderleben und musste sich zeitweise wegen der Verfolgung der Buddhismus durch das damalige Regime (574) in den Bergen verstecken. Ein Passus in seiner Biographie schließt mit dem folgenden:

„Der wahre verborgene Grund ist schließlich die Nicht-Verschiedenheit.“

Seng Zan (gest. 606) war der Dritte in der Nachfolgelinie des chinesischen Zen. Er erlangte das Dharma-Siegel von Hui Ke, unter dem er sich über Jahre übte. Ihm wird die „Meißelinschrift des gläubigen Geistes zugeschrieben“.

Im Dharma-Reich der wahren Soheit ist kein anderer und kein ich.

Plötzlich mit kurzem Wort sag nur: nicht zwei.

Nicht zwei alles gleich.

Die Wahrheit kennt kein schneller und kein weiter. Ein Augenblick – zehntausend Jahre. Das Kleinste ist gleich dem Großen, keine Grenzen außen.

Das Größte ist gleich dem Kleinen, keine Grenzen erschaubar.

Auf Seng Zan folgte der vierte Patriarch des Chan Tao Xin (580 – 651). Zu dessen Zeit setzte eine Wandlung im Lebensstil der Chan-Jünger ein. An die Stelle des Umherwanderns trat ein Gemeinschaftsleben mit bis zu 500 Mönchen. Auch begann nun die Zeit, von der an die Mönche von ihrer eigenen Hände Arbeit lebten, was im Theravada Südasiens früher und bis heute noch nicht praktiziert wird. Die Bewahrung der inneren Haltung nicht nur beim Hocken in der Meditationshalle, sondern auch beim täglichen Arbeiten begründen den Zen-Geist, Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen sind in gleicher Weise Chan. Der Kern des Meditationsstils von Tao Xin wird ausgedrückt mit den Worten:

„Buddha ist Geist. Außer dem Geist gibt es keinen Buddha.“

Die Chroniken bezeichnen Hong Ren (607 – 674) als Tao Xins Nachfolger im Patriarchat. Er übte sich mit vielen Jüngern in den Meditationspraktiken seines Vorgängers. Es ging ihm darum, den Geist in der ursprünglichen Reinheit zu bewahren und den Moment des plötzlichen Erwachens zu erreichen.

Der fünfte Patriarch soll seine Jünger gelehrt haben:

„Schau weit, wo der Horizont jenseits des Himmels erlischt, das Schriftzeichen „Eins“. Dies wird bestimmt nützen. Es ist gut, wenn Anfänger in der Meditation, deren Geist viel zerstreut ist, in ihrem Geist auf das Schriftzeichen „Eins“ blicken. (Die Eins ist eine horizontale Linie ist und symbolisiert auch das Eine).

Nord- und Südschule (Auf den Spuren des Zen III)

Eines Tages rief der fünfte Patriarch seine Schüler zusammen und befahl ihnen einen Vers zu dichten, der den Grad ihrer Erleuchtung anzeigen sollte: „Sollte einer dabei sein, der zum „Großen Sinn“ erwacht ist, wird dieser mein Gewand bekommen und mein Nachfolger werden.“ Die Mönche überließen die Aufgabe dem Hauptmönch Shen Xiu, der folgendermaßen antwortete:

Der Leib ist der Baum der Erleuchtung. Der Geist gleicht einem klaren Spiegel.
Müh dich, ihn alle Zeit abzuwischen!
Lass kein Staubkorn sich darauf ansetzen.

Als Hui Neng, der nur im Kloster arbeitete, Reis stampfte und Brennholz sammelte, von dem Vers hörte, ließ er von einem Mönch – er selbst war Analphabet – einen Vers schreiben:

„Es gibt ursprünglich keinen Baum der Erleuchtung,
noch einen Ständer mit klarem Spiegel,
von Anfang an existiert nicht ein einziges Ding.
Wo kann sich ein Staubkorn ansetzen?“

Die Nordschule wurde von Shen Xiu (606 – 706), der wichtigsten Persönlichkeit dieser Tradition, vertreten. Er erhielt das Dharma-Siegel des fünften Patriarchen, Hui Ren. Seine Übungen beruhten auf der Lehre, das Ziel in der Reinigung der ursprünglichen lauteren Geistesnatur von allen Trübungen zu erreichen.

Die Südschule wurde von Hui Neng (638 – 713) vertreten, der als der sechste Patriarch in die Geschichte des Zen einging. Er war anfangs kein ordinierter Mönch, sondern hatte nur inoffizielle Begegnungen mit Hong Ren. Aber nachdem der Meister das oben angeführte Gedicht von Hui Neng gelesen hatte, rief er ihn des Abends und übergab ihm das „Dharma der plötzlichen Erleuchtung“ und sein Gewand mit den Worten: „Ich mache dich zum sechsten Patriarchen.“ Der Dharma wird von Geist zu Geist überliefert. Jedoch befahl er Hui Neng, das Kloster unverzüglich zu verlassen und nach Süden aufzubrechen.

Nach dem Tod von Hui Neng und durch die Bemühungen seines Schüles Shen Hui wurde die nachträgliche und offizielle Bestätigung von Hui Neng als sechsten Patriarchen anerkannt. Ein Auszug aus dem Erleuchtungsvers des sechsten Patriarchen:

„Im Zustand der Trübung ist Buddha ein Sterblicher,
erleuchtet ist ein Sterblicher Buddha.“

Die fünf Häuser des Chan

In der Zeit nach Hui Neng vom 8. – 13 Jh. entwickelte sich der Chan zu neuer Blüte. Es entstanden die fünf Häuser, welche als unterschiedliche Stilarten anzusehen sind, die sich wie von selbst aus der Art der Unterweisung im Kreis der Meister ergaben.
Diese waren die Richtung von Lin Ji (jap. Rinzai). Cao Dong (jap.Soto), Yun Men (jap. Unmon). Kui Yang (jap. Ikyo) und Fa Yan (jap. Ho Gen).

Lin Ji lebte in der Zeit nach dem sechsten Patriarchen bis 866. Der nach ihm benannte Rinzai-Zen erfreut sich heute in Japan und auch im Westen einer großen Bekanntheit. Seine Lehrreden sind uns bis zur heutigen Zeit als „Rinzairoku“ erhalten. Hier ein Auszug aus einer Lehrrede von Lin Ji an seine Jünger:

„Jünger des Weges! Alle erlauchten Alten besaßen Mittel für die Rettung der Menschen. Wie ich es euch zeige, sollt ihr euch nicht von anderen verwirren lassen. Wenn ihr handeln wollt, handelt! Zögert nicht! Wenn ihr nicht an euch selbst glaubt, so taumelt ihr in allen Umständen hin und her, von tausend Dingen im Kreis gedreht und könnt nicht zur Freiheit gelangen. Wenn ihr den von Augenblick zu Augenblick rastlos kreisenden Geist zur Ruhe bringen könnt, seid ihr vom Patriarchen Buddha nicht verschieden. Wünscht ihr den Patriarchen Buddha zu wissen? Das seid ihr, die ihr jetzt vor mir sitzt und meiner Predigt zuhört.“

Der Name des Hauses Cao Dong (Soto), ist aus den Schriftzeichen der beiden Gründer Dong Shan Liang Qie (807-859) und Cao Shan Ben Chi (840-901) zusammengezogen. Sie sind die Begründer der „Soto Richtung des Zen“, welche heute noch weit im Osten verbreitet ist und der auch immer mehr Suchende im Westen folgen. Dong Shan folgte dem Meister Yun Yan. Nach den Lehrjahren nach Verlassen seines Meisters erblickte er seinen eigenen Schatten im Wasser und schrieb folgenden Vers:

„Suche nicht anderswo! Wenn du suchst, entfernst du dich nur mehr. Jetzt, da ich ganz alleine gehe, begegne ich ihm überall. Er ist jetzt genau, was ich bin. Aber ich bin nicht es???

So muss man verstehen, dann ist man eins mit dem wahren So.“

Cao Shan Ben Chi war Schüler von Dong Shan und führte die Tradition der Soto-Linie weiter.

Yun Men Wen Yan (jap. Unmon Bunen, 864-949), ein Gigant unter den Meistern seiner Zeit, war der Gründer der nach ihm benannten Yun Men Richtung. Viele Koan Sammlungen beinhalten seine Anekdoten. Es war Yun Men’s Stil seine Jünger mit Stockhieben zu unterweisen und durch Andonnern zu erschrecken, um plötzlich in den Moment der Wahrheit einzubrechen.

Als er von einem Mönch gefragt wurde, was der Zugang zur Wahrheit ist, erwiderte er: „Suppe trinken, Reis essen“. Ihm waren alle Mittel recht, dass seine Schüler alle Vorstellungen von der „Wahrheit“ abschüttelten und ihm in das Reich der grenzenlosen Freiheit des Zen-Geistes folgten.
Das Haus Kui Yang wurde von Bai Zhang und seinem Schüler Kui Shang Ling You (771-853) gegründet. Eine berühmte Zen-Geschichte erzählt von Xiang Yan, einem Schüler von Kui Shang, der zur Erleuchtung erwachte, als er eines Tages beim Jäten von Unkraut ein plötzliches Aufschlagen eines Steines auf Bambus hörte. Hier ein Auszug aus seinem Erleuchtungsvers:

„Ein Schlag und all mein Wissen ist vergessen. Kein Flickwerk mehr von Zuflucht und Besserung. Kein Rückfall in verzagtes Treiben mehr. Ich trete nirgends in die Spur von anderen.“

Das Haus Fa Yan entstand als letztes der fünf Häuser und sein Bestehen war nur von kurzer Dauer. Der Gründer Fa Yan Wen Yi (855 – 958) wurde für seine psychologische Einsicht gerühmt. Trotz der hohen Bildung Fa Yans kam sein Stil voll zur Geltung, wie folgender Dialog veranschaulicht:

Einer seiner Schüler stellte die Frage: „Was soll man während der zwölf Stunden des Tages und der Nacht tun?“ Der Meister erwiderte: „Jeder Schritt soll auf diese Frage treten.“

Das Koan

Das Koan, ein spezifisches Hilfsmittel auf dem Erleuchtungsweg, wurde während der Song-Dynastie (960-1279) ausgeformt. Dem Wortsinn nach bedeutet Koan „Rechtsfall“. Die paradoxen Worte und merkwürdigen Taten, die zwischen Meister und Schüler entstanden, sind in verschiedenen Koan-Sammlungen aufgezeichnet und werden auch heute noch in den Schulungen des Rinzai-Zen verwendet. Wesentlich für das Koan ist, dass es rational unlösbar ist und in den Bereich des Irrationalen verweist. Das Koan zwingt, die Bahn des rationalen Denkens zu verlassen und über die gewöhnliche Bewusstseinslage hinaus zu schreiten, um in einer neuen Dimension eine grundlegende Erfahrung zu machen. Ein wichtiges Koan, das auch oft am Anfang einer Zen-Ausbildung steht, heißt: „Wie bist du am Tage deiner Geburt?“

Diese Frage wirft den Zen-Schüler auf sein eigenes ursprüngliches Herz zurück. Das Koan beabsichtigt das Durchbrechen der Mauern des Geistes und das Übersteigen seiner Begrenztheit in die absolute Freiheit. Das Mumonkan, eine der bedeutendsten Koan-Sammlungen aus der Endphase der Song-Zeit, wird noch heute in den Zen-Klöstern zur Unterweisung der Mönche verwendet.

Der chinesische Buddhismus bahnte sich schon sehr früh den Weg in seine Nachbarländer Korea, Vietnam und Japan. Auch kamen Mönche der verschiedenen Länder nach China, um ihre Einsicht in den Buddhismus zu vertiefen und sich unter chinesischen Meistern zu üben.
Nach Korea gelangte der Buddhismus im Jahre 373 durch den Mönch Sundo. Seit dieser Zeit begann der Buddhismus in Korea zu blühen und wurde vom königlichen Haus gefördert. Der Zen wurde schon im Jahre 630 eingeführt. Von Korea kam der Buddhismus im Jahre 552 nach Japan an den kaiserlichen Hof in Nara.

Der japanische Mönch Dosho (598 – 670) hatte bei seiner Chinareise Kontakt mit einem Schüler des zweiten Zen-Patriarchen Hui Ke und errichtete in Nara die erste Zen-Halle auf japanischen Boden. Er begründete keine Überlieferungslinie im Zen, lehrte aber vielen Menschen die Zen-Meditation.

Verbreitung des Zen (Auf den Spuren des Zen IV)

Am Anfang der Kamakura-Zeit (1192-1333) kam der blühende Chan der Song-Zeit nach Japan. Das Verdienst der Gründung des japanischen Zen wird dem Mönch Myoan Eisai (1141 – 1215) zugeschrieben. Er tat die ersten entscheidenden Schritte zur Ausformung des Rinzai-Zen in Japan. Er suchte nach seiner Mönchsausbildung in der Tendai-Schule weitere Vervollkommnung.

Hierzu unternahm er eine Reise nach China, wo er einen Meister der Lin Ji-Schule traf, von dem er letztlich die Insignien der Nachfolge erhielt und somit berechtigt wurde, den Rinzai-Zen in seiner japanischen Heimat zu lehren. Er gründete im Jahre 1195 den ersten Zen-Tempel Shofukuji in Hakata (Kyushu).

Der Zen fand in der Kamakura-Zeit besonders bei den Samurai Anklang. Es kamen nun auch chinesische Meister nach Japan und lehrten reines unvermischtes Zen. Durch sie gewann der Rinzai-Zen mehr und mehr Anerkennung als eigenständige Schule.

Dogen Kigen (1200-1253) war eine der herausragenden religiösen Persönlichkeiten der japanischen Geschichte. Er wurde am buddhistischen Berg Hiei-san ausgebildet. 1217 trat Dogen in das Kennin-ji Kloster, das von Eisai gegründet worden war, ein. Später fuhr nach China, um die ursprüngliche Überlieferung des Zens zu erfahren. Er war besonders von der strengen Disziplin der Mönche beeindruckt. Auf dem Berg Dian Dong begegnete Dogen seinem Meister Ru Jing und erlangte unter seiner Führung die Erleuchtung. Dieser bestätigte ihm die Nachfolge der Soto-Traditionslinie.

Er blieb noch weiter im Berg-Kloster und nutzte die Zeit für die Übung nach der Erleuchtung, um seine Erfahrung noch zu vertiefen. Die Wichtigkeit seiner Erfahrung betonte er später sehr stark. Im Anschluss daran kehrte er nach Japan zurück und gründete den ersten Soto-Zen Tempel Gokurakuji. Er hinterließ der Nachwelt sein herausragendes Lebenswerk, das Shobogenzo.

Als dritte Zen-Richtung in Japan wurde im 17. Jh. die Obaku-Schule von dem chinesischen Meister Yin Yuan (Ingen) gegründet. Deren Hauptkloster ist auch heute noch Mampukuji, in der Nähe von Kyoto. Sehr wichtig für die Entwicklung des Zen in Japan war Kakuin Ekaku (1685 – 1768), der durch sein Wirken großen Einfluss auf die weitere Rinzai-Bewegung hatte. Er gab der auf Erleuchtung bezogenen Koan-Praxis einen neuen, bis heute anhaltenden Aufschwung.

Zen im 20. Jahrhundert

Am Anfang unseres Jahrhunderts wurde in Japan eine Regierungsverfügung gegen den Buddhismus erlassen, die die Befürchtung laut werden ließ, dass sie den Buddhismus vernichten würde. Dieser Erlass war jedoch ein positiver Anlass der Selbstprüfung und Neuordnung für den japanischen Buddhismus und schaffte die Möglichkeit gemeinsamer Aktionen und internationalen Kontakte.

So hat die japanische Zen-Bewegung des 20. Jahrhunderts einen großen Anteil an der Ausbreitung des Zen im Westen. Das erste Buch über Zen in deutscher Sprache erschien bereits im Jahre 1925 von Rudolf Otto. Der Titel lautete „Zen – Der lebende Buddhismus in Japan“.

Doch der große Vermittler des Zen an den Westen war Suzuki Daisetsu (1870-1966). Er übte sich nach Abschluss seines Studiums im Zen-Kloster Engakuji in Kamakura unter dem Meister Shaku Soen. Suzukus Leistung für den Zen im Westen ist bahnbrechend.

Suzukis Bild vom Zen hat im Westen die verschiedensten Wirkungen hervorgerufen. Die Ablösung des Zen vom buddhistischen Mutterboden, die im Westen stattfindet, kann auf ihn zurückgeführt werden, denn er sagte seinen Zuhörern immer wieder, dass Zen weder Religion noch eine Philosophie sei.
Ein enger Freund von Suzuki war Nishida Kitaro (1870 – 1945), der Begründer der Kyoto-Schule. Er war ein zen-erfahrener Philosoph, dessen Anliegen es war, die europäische Philosophie mit dem Geist des Zen zu durchdringen. Auch wurde von Korea und Vietnam aus der Zen im Westen bereichert, speziell von einigen Meistern der Neuzeit, wie das Beispiel des vietnamesischen Thich Nhat Hanh zeigt.

Inzwischen sind weltweit Zen-Zentren entstanden, von denen verschiedene auch Zeitschriften mit Auszügen aus Zen-Lehrreden herausgeben. Das „Internationale Forschungszentrum für Zen-Buddhismus“ in Kyoto stellt bereits zen-buddhistische Schriften auf CD-Rom und für das Internet zur Verfügung, um so die schriftlichen Überlieferungen der alten Meister für das kommende Jahrtausend zu erhalten.

Die Grundübung des Zen ist die Meditation und diese wird in den Zentren auch vorrangig geübt. Man sollte den Zen jedoch nicht auf die Meditation im Sitzen alleine beschränken, sondern den sehr wichtigen Aspekt der Übung im Alltag nie aus den Augen lassen, wie in dem Vers von Rinzai gut zur Geltung kommt:
„Sei ganz wie du bist und gib dich nicht als etwas Besonderes. Iß deine Nahrung, erleichtere deine Eingeweide, gieß Wasser nach, zieh deine Kleider an. Wenn du müde bist, leg dich hin. Alles ist Hier-Jetzt. Der Weg ist bereits das Ziel.“

Quellennachweis:

  • Heinrich Dumoulin, Geschichte des Zen Buddhismus, Band I und II und Zen im 20. Jahrhundert, Francke Verlag, Bern.
  • Ernest Wood, Zen dictionary, Charles E. Tuttle Company, Rutland, Vermont
  • Daito Publishing Company, Japanese-English Buddhist dictionary, Tokyo.
  • D.T. Suzuki, Manual of Zen Buddhism, Grove press, New York.
  • Nyogen Sensaki, Ruht Strout McCandless: Keine Spuren im Wasser, Theseus Verlag, München. Urs App, Zen Worte vom Wolkentorberg – Meister Yumen, O.W. Barth Verlag, Bern u.a. Kusan Sunim, The Way of Korean Zen, Weatherhill Inc., New York and Tokyo